Donnerstag, 22 Dezember 2016

Studien zur Sicherheitskultur enthüllt Schwachstellen in der europäischen Luftfahrt

Piloten von Billig- und Frachtfluggesellschaften beurteilen ihre Unternehmen in Bezug auf die dort herrschende Sicherheitskultur wesentlich schlechter, als ihre Kollegen bei Netz-Carriern. Dies ist eines der Ergebnisse der größten unabhängigen Studie unter Piloten in Europa, die von der London School of Economics and Politics (LSE) und EUROCONTROL im Rahmen des Horizon 2020 (Future Sky Safety Program) der Europäischen Kommission durchgeführt wurde.

Für die Studie wurden insgesamt 7.239 europäische Piloten befragt. Die Forscher hatten zuvor elf Messgrößen für die Sicherheitskultur in Luftfahrtkonzernen definiert. So wurde etwa nach den mit der Sicherheit verbundenen Normen, Werten und Verfahren in der Luftfahrtbranche gefragt. Die Ergebnisse zeigen, dass die europäische Luftfahrt eine insgesamt gute Sicherheitskultur hat – aber es gibt eine Reihe beunruhigender Resultate:

Signifikante Unterschiede bei der Bewertung der Sicherheitskultur lassen sich feststellen, wenn man die Art der Fluggesellschaft sowie die Art der Verträge berücksichtigt, unter denen Piloten angestellt sind: Piloten die für Fracht- oder Low-Cost-Gesellschaften fliegen, bewerten die Sicherheitskultur ihrer Unternehmen deutlich schlechter als ihre Kollegen, die für Netzbetreiber arbeiten:  So glauben 42% der Low-Cost-Piloten und Frachtpiloten, dass ihre Unternehmen nicht genügend Personal hat, um sich um Sicherheitsbedenken zu kümmern. Dagegen glauben dies nur 20% der Angestellten von Netzwerk-Carriern. Auch nehmen Piloten mit 0-Stunden-Vertärgen sowie selbständige Piloten die Sicherheitskultur in ihren Unternehmen deutlich negativer wahr, als ihre festangestellten Kollegen. Letztere vertrauen zu 73% darauf, dass sicherheitsrelevante Berichte fair und gerecht behandelt werden.  Ihre Kollegen mit atypischen Arbeitsverträgen glauben das nur zu 53%.

Eines der auffälligsten Ergebnisse der Studie ist, dass  58% der Piloten – unabhängig von der Fluggesellschaft oder von ihrem Beschäftigungsmodell – übermüdet fliegen. Ein genauerer Blick auf die Studie zeigt, dass der Anteil der ermüdeten Piloten in Low Cost Airlines (76%) und Cargo Airlines (83%) größer ist. Darüber hinaus glauben mehr als 50% der Piloten, dass ihre Fluggesellschaft die Frage der Übermüdung nicht ernst nimmt.

„Besonders alarmierend ist die große Zahl der übermüdet fliegenden Piloten. Hier wird der große wirtschaftliche Druck, unter dem die Airlines stehen, direkt an die Cockpitbesatzungen weitergegeben“, so Markus Wahl, Pressesprecher der Vereinigung Cockpit. „Jede einzelne dieser Erkenntnisse ist ein potentiell tödlicher Fehler im Luftverkehrssystem. Die Studie zeigt deutlich, wo die Probleme liegen: Übermüdung der Besatzung, fragwürdige Beschäftigungsmodelle, unzureichendes Vertrauen in das Management und bei den nationalen Luftfahrtbehörden.“

Weitere Informationen:
LSE-Studie: Zusammenfassung
LSE-Studie: Vollständiger Report (auf Englisch)

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Für Rückfragen: 

Markus Wahl, Vorstand Öffentlichkeitsarbeit und Pressesprecher, Tel. 0176 / 16 959 001,

VC-Pressestelle, Tel. 069 / 69 59 76 102

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Die Vereinigung Cockpit ist der Berufsverband des Cockpitpersonals in Deutschland. Er vertritt die be-rufs- und tarifpolitischen Interessen von derzeit rund 9.600 Mitgliedern bei sämtlichen deutschen Airlines und sieht darüber hinaus seine Aufgabe in der Erhöhung der Flugsicherheit in Deutschland.

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