Dienstag, 05 Januar 2016

Wichtige Änderung in der Flughafenbenutzungsordnung (fbo) in Berlin – insb. Alkoholkontrollen ab 01.01.2016

Folgenden Newsletter hat die Vereinigung Cockpit zu o.g. Thema am 23. Dezember 2015 veröffentlicht:

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
wir möchten Sie kurzfristig über eine wichtige Änderung in der Flughafenbenutzungsordnung (FBO) des Flughafens Berlin Tegel informieren. Die FBO wurde in einigen Punkten geändert, sodass für die Nutzung des Flughafens, insbesondere der Sicherheitsbereiche, ein striktes Alkohol-, Drogen- und Medikamentenverbot besteht. Aus unserer Sicht handelt es sich hierbei inhaltlich zunächst um keine substantiellen Änderungen, da für Besatzungen ohnehin eine Null-Promille Grenze im Dienst gilt. In den nun vorgenommen Änderungen, welche unter Umständen im Zusammenhang mit Diskussionen über Konsequenzen aus dem Absturz der Germanwings Fluges 4U9525 stehen, sehen wir eine politische Motivation und den damit verbundenen gefühlten „Handlungsdruck“ bei den Urhebern dieser Änderungen. Aus diesem Grund gehen wir davon aus, dass es ab dem 01.01.2016 am Flughafen Tegel zu „anlasslosen“ Alkohol und/oder Drogen- bzw. Medikamentenkontrollen kommen wird („Random D&A Testing“). 
Wir möchten Sie an dieser Stelle darauf hinweisen, dass Alkohol- bzw. Drogenkontrollen ohne begründeten Anfangsverdacht selbst von der Polizei im Straßenverkehr nicht durchgeführt werden dürfen!
Lassen Sie sich also im Falle einer solchen Kontrolle immer den zwingend notwendigen Anfangsverdacht darlegen!


Über die genauen Planungen zur praktischen Umsetzung dieser Kontrollen liegen uns bisher nur unbestätigte Informationen vor. So liegt z.B. der Personalvertretung der Airberlin die Information vor, dass die Kontrollen durch Mitarbeiter der privaten Sicherheitsfirma Securitas durchgeführt werden sollen. Die rechtliche Zulässigkeit einer solchen Durchführung ist fragwürdig und befindet sich daher gerade in juristischer Prüfung. Unabhängig vom Ergebnis dieser Prüfung möchten wir aus diesem gegebenen Anlass auf einige Punkte hinweisen:


• Die Null-Promille Grenze im Dienst ist für Besatzungen selbstverständlich.
• Alkohol- bzw. Drogenkontrollen dürfen nur durch die Polizei durchgeführt werden.
• Alkohol- und Drogenkontrollen durch private Sicherheitsdienste stellen keine polizeiliche Maßnahme dar.
• Eine Zufalls- (Random) Atem- Alkoholkontrolle kann nur mit freiwilliger Zustimmung des Betroffenen erfolgen.
• Aussagekräftige Tests auf Medikamenteneinnahme können in der Regel nur mittels einer Blutentnahme durchgeführt werden. Die Auswertung kann nur in Verbindung mit vorliegender Krankenvorgeschichte bzw. medizinischen Kenntnissen zur Toxikologie sowie Kreuzreaktion in Testverfahren korrekt gedeutet werden.
• Eine Blutentnahme erfüllt den Tatbestand einer Körperverletzung und darf nur nach richterlicher Anordnung und polizeilich/ärztlich gesichertem und begründeten Anfangsverdacht erfolgen.
• Wie überall gilt die Unschuldsvermutung, daher ist niemand verpflichtet aktiv an einer Beweismittelerhebung gegen die eigene Person mitzuwirken.
Betroffenen Kollegen raten wir:
• Kooperieren Sie in gewohnter Weise mit der Polizei.
• Sollte eine Alkohol- oder Drogenkontrolle durch einen privaten Sicherheitsdienst eingefordert werden, informieren Sie die Polizei.
• Sollte die Polizei daraufhin eine Kontrolle durchführen wollen, verlangen Sie eine genaue Begründung des konkreten Anfangsverdachtes. Halten Sie diese Begründung im Beisein der Polizei und mit Zeugen schriftlich fest. Notieren Sie die Daten der Zeugen.
• Verlangen Sie im Zweifel (und ggf. zu Ihrer Entlastung) einen richterlichen Beschluss zur Anordnung einer ärztlichen Blutentnahme durch ein rechtsmedizinisches Institut.
• Protokollieren sie sämtliche Vorgänge detailliert schriftlich (wie, wer, mit welchem Gerät, welches Verfahren) und sichern Sie sich Zeugenaussagen aus dem Kollegenkreis.
• Bei rechtlich zweifelhaften Kontrollen wenden Sie sich bitte zeitnah während der Bürozeiten an die VC unter 069 – 6959760.


Selbst wenn es eine rechtliche Grundlage für die Tests geben würde, wären Tests über Atemgeräte aufgrund ihrer hohen Fehlerhäufigkeit kaum geeignet.
Diverse Substanzen stehen im Verdacht die Alkohol-Messung für den Kontrollierten negativ („falsch positives Ergebnis“) zu beeinflussen:
• Menthol Kaugummis
• „Scharfe“-Lutschpastillen (Fisherman‘s Friend)
• möglicherweise alkoholhaltige Mundsprays (Odol) oder Gurgellösungen
• diverse Grippe- und Erkältungsmittel.


In Bezug auf Medikamenteneinnahme bleibt festzustellen:
Eine begonnene Dauermedikation sollte, wie bisher auch, mit Ihrem Fliegerarzt abgesprochen werden.
Auf Grund der bisher unklaren Absicht in Bezug auf Methodik der Tests und der damit verbundenen Qualitätssicherung empfehlen wir daher, auch banale Medikamente wie diverse Grippemedikationen, Hustenstiller etc. nicht einzunehmen, da falsch positive Tests generiert werden können.
Melden Sie sich bei Krankheit vom Dienst als krank ab und kurieren Sie mit ärztlicher Diagnose und Therapie Ihre Erkrankung aus. Reichen Sie eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ein.
Oberstes Gebot auch nach einer solchen Kontrolle ist die sichere und professionelle Flugdurchführung. Dazu gehört, dass Sie mental unbelastet sind sowie dass ausreichend Zeit für eine angemessene Flugvorbereitung zur Verfügung steht.


Bitte stellen Sie dies auch nach einer solchen Kontrolle sowohl für sich selbst als auch für Ihre Besatzung sicher.

Ihr VC Vorstand