Manual Flying Skills

Basic Flying Skills entscheiden in kritischen Momenten über Leben oder Tod!

Trotz fortschreitender Automatisierung muss das grundlegende Handwerkszeug eines Piloten gepflegt und erhalten werden. Ein Pilot muss zu jeder Zeit in der Lage sein, sein Flugzeug - auch nach dem Ausfall von Computersystemen - manuell zu steuern.

Worum es geht

Moderne Verkehrsflugzeuge haben mittlerweile einen hohen Entwicklungsstand erreicht. Der erhöhte Automatisierungsgrad und die dadurch erhöhte Komplexität ziehen aber auch zunehmend Systemfehler nach sich.

Auch die Flugzeuge neuester Bauart sind nicht fähig, im Falle von unerwarteten Systemfehlern selbst situationsgerechte Lösungen zu finden. Sie reagieren anhand von programmierten Vorgaben, also nach „Schema F“. Im System Mensch-Maschine liegt die entscheidende Stärke des Menschen darin, situativ „kreative“ Lösungen zu finden. Seine Fähigkeit, sich konstant an sich verändernde Bedingungen anzupassen, hat ihn letztendlich in der Evolution massiv bevorteilt.

Selbst in komplexen Raumfahrtunternehmungen wurden schwerwiegende Störungen nicht durch moderne Computersysteme gelöst. „Houston wir haben ein Problem“ wurde am Boden durch die Kreativität des Menschen gelöst und dadurch zum Erfolg gebracht. Deshalb erzielt ein gut ausgewogenes Mensch-Maschine-System die größtmögliche Sicherheit für hochkomplexe Systeme.

Der Mensch muss sich allerdings all seine Fähigkeiten aneignen und erhalten, das heißt, wieder und wieder trainieren. Auch hat es sich in der Evolution als massiver Vorteil erwiesen, wenn nur für diejenigen Fähigkeiten Gehirnkapazität und Energie bereitgestellt werden, die gerade zum Überleben notwendig sind. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass – um im menschlichen Gehirn Ressourcen zu schonen – Fähigkeiten bei Nichtanwendung zurück gebaut werden, auch wenn sie nie ganz verschwinden.

Bei stark spezialisierten Hand-Auge-Ohr-Koordinations-Aufgaben muss das Gehirn am besten jeden Tag durch Wiederholung der Tätigkeiten dazu animiert werden, die geforderten Ressourcen bereitzustellen. Wie im Beispiel einer Aussage des Weltklasse-Konzertpianisten Vladimir Horowitz: 

„Übe ich einen Tag nicht - hört es meine Frau,
übe ich zwei Tage nicht - hören es meine Kritiker,
übe ich drei Tage nicht - hört es mein Publikum.“

Das gilt auch für die manuellen fliegerischen Fähigkeiten.

Wo genau liegt die Gefahr für die Flugsicherheit? 

Das letzte Jahr gilt nur deshalb als sicherstes Jahr in der Luftfahrt, weil die Sicherheit an der Anzahl der Todesopfer pro Jahr gemessen wird. Nachdem aber 2013 etliche Totalverluste bei Frachtflugzeugen aufgetreten sind, spiegelt die Aussage nicht die komplette Wahrheit wieder. Kontrollverlust im Flug (Loss of Control) wird inzwischen überproportional oft als Unfallursache identifiziert und ist somit ein Indiz für ein nicht ausreichendes Training der involvierten Piloten.

Die derzeit gültigen Gesetze zur Überprüfung der fliegerischen Fähigkeiten für die Erhaltung der Fluglizenz kommen aus der Zeit der „großen Sternmotoren“. Diese Gesetze wurden für Flugzeuge der 50er und 60er Jahre - wie die „Lockheed Super Constellation”– geschrieben. Aufgrund des nicht vorhandenen Autopiloten mussten diese komplett manuell geflogen werden und sie hatten zudem auf fast jedem Flug einen Motorausfall zu verzeichnen. Heutige Verkehrsflugzeuge haben deutlich andere Systemfehler und die Anforderungen an die Piloten haben sich dadurch signifikant geändert, die Fähigkeiten werden aber immer noch nach den gleichen Kriterien wie in den 50er Jahren überprüft. Auch der Gesetzgeber sieht das Üben von Systemausfällen nicht vor.

In den 50ern konnte ein Pilot aufgrund der technischen Unzuverlässigkeit der Maschine praktisch alle vorkommenden Probleme in der Realität üben. Heutzutage ist dies glücklicherweise so nicht mehr der Fall, es ergeben sich dadurch allerdings andere Notwendigkeiten. Der erfolgreiche Umgang mit Systemausfällen kann und muss im Simulator trainiert werden. Durch den extremen finanziellen Druck in der Industrie sind jedoch nur noch wenige Fluglinien in der Lage und dazu bereit, die Piloten regelmäßig zu trainieren.

Warum ist die Luftfahrt immer noch so sicher? Sie zehrt noch von Zeiten, in denen das manuelle Fliegen (Basic Flying) die Ausbildung dominierte. Da die Luftfahrt, wie viele andere Branchen, sehr träge reagiert, kommen nachteilige Auswirkungen erst verzögert zum Vorschein. Umso wichtiger ist es schon beim Erkennen erster negativer Tendenzen – und damit rechtzeitig – gegenzusteuern.

Luftfahrtbehörden wie EASA (Europa) und FAA (USA) haben inzwischen reagiert. Sie empfehlen das Ausschalten des Autopiloten, sobald es die Gesamtsituation (Verkehrslage etc.) erlaubt. Damit versucht man, den Piloten die Möglichkeit einzuräumen, das Flugzeug im Anflug manuell zu steuern. Die ICAO (Internationale Zivilluftfahrtsorganisation der UN) hat ebenfalls reagiert und – im Schulterschluss mit Unfalluntersuchern, nationalen Luftfahrtbehörden und Experten aus den Pilotenverbänden –  Trainingsempfehlungen erstellt, um die Unfallursache „Loss of Control in Flight“ zu reduzieren.

Forderungen der Vereinigung Cockpit

Um einem Absinken der fliegerischen Fähigkeiten und der Gefährdung der Flugsicherheit entgegen zu wirken, fordern wir vom Gesetzgeber ein regelmäßiges Training festzuschreiben. Die vom Gesetzgeber halbjährlich angeordnete Überprüfung der fliegerischen Fähigkeiten der Piloten zum Lizenzerhalt muss statt lediglich zweimal vier Stunden Überprüfung auf viermal vier Stunden Training und Überprüfung pro Jahr angehoben werden.