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In der APEG sind neben der VC auch noch Verbände der allgemeinen Luftfahrt, Flight Safety Officers deutscher Fluggesellschaften und das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF) vertreten. AIRPROX-Meldungen werden von den Flugsicherungsorganisationen (DFS, Austro Control) aufbereitet und vorgestellt.
Zusätzlich zu den bisherigen Einzelbeispielen finden Sie im Folgenden eine statistische Übersicht über die Fälle des Jahres 2021.
Die folgenden Zahlen beziehen sich auf alle Fälle, die im Jahr 2021 analysiert wurden. Dies beinhaltet auch AIRPROX, die 2020 gemeldet wurden (die Aufbereitung benötigt teils mehrere Monate) und bedeutet, dass Fälle von Ende 2021 hier noch nicht erfasst sind.
Behandelte Fälle stellen dabei leider nicht alle AIRPROX in Deutschland dar, sondern nur solche, die explizit an die APEG gemeldet wurden. Daten zu Meldungen an das Luftfahrt-Bundesamt (LBA) und das BAF nach §9 LuftVO (sicherheitsrelevante Ereignisse) und an die Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) nach §7 LuftVO (Unfälle und Störungen) werden derzeit leider nicht mit der APEG ausgetauscht und auch nicht übergreifend statistisch ausgewertet.
Ein „Aircraft Proximity“, kurz AIRPROX, ist eine Situation, in der sich nach Ansicht des Piloten oder Fluglotsen zwei Luftfahrzeuge zu nah gekommen sind. Neben der relativen Position wird auch die Annäherungsgeschwindigkeit berücksichtigt. Eine Meldung erfolgt mit einem gesonderten Formular an das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF).
Risikokategorien:
A - Es bestand ein ernsthaftes Kollisionsrisiko
B - Die Sicherheit mindestens eines Flugzeuges war nicht sichergestellt
C - Es bestand kein Kollisionsrisiko
D - keine Bewertung möglich
Glücklicherweise gab es keinen AIRPROX zwischen zwei IFR-Flugzeugen – hier scheinen die vorhandenen Sicherheitsbarrieren (Scheiben im „Schweizer-Käse-Modell“) alle ausreichend gut funktioniert zu haben.
Allerdings gab es insgesamt sechs AIRPROX der Kategorie A und B, die in Zusammenhang mit einem unbemannten Luftfahrzeug (Drohne) oder einem Modellflugzeug stehen. Leider gibt es für Annäherungen und Zwischenfälle mit Drohnen bisher ebenfalls keine weiterführende Statistik der Behörden.
In der Risikokategorie A landen Vorfälle, bei denen nur durch Zufall kein Zusammenstoß passierte. In der Regel konnten sich die Flugzeugbesatzungen nicht gegenseitig sehen oder nicht mehr ausweichen. Dabei spielten nicht nur die Entfernung, sondern auch die Annäherungsgeschwindigkeit und Begleitumstände eine Rolle.
Zur Risikokategorie B gehören Fälle, in denen zwar meist Maßnahmen zur Gefahrenabwehr getroffen wurden, aber immer noch ein Restrisiko bestand. So waren die Maßnahmen wie Ausweichmanöver der Flugbesatzungen oder Empfehlungen durch die Flugsicherung vielleicht nicht ausreichend oder zielführend. Eventuell wurden auch keine Maßnahmen getroffen und die Flugzeuge waren zufällig relativ weit voneinander entfernt.
In die Risikokategorie C fallen die meisten übrigen Meldungen. Ein akutes Kollisionsrisiko bestand dabei nicht mehr, was aber nicht heißt, dass es keine potenzielle Gefährdung gab. Vielmehr wurden in der Regel Maßnahmen getroffen, die die Situation entschärften, auch wenn noch Defizite vorhanden waren. Auch wenn mehrere Sicherheitsbarrieren nicht funktionierten, konnten die restlichen Barrieren diese in ausreichendem Maße abmildern, um einen Zusammenstoß zu verhindern.
Viele Fälle fallen in die Risikokategorie D, konnten also nicht abschließend bewertet werden. Das liegt u.a. daran, dass keine Berichte oder Stellungnahmen der Piloten vorlagen. Das passiert z.B. wenn ein AIRPROX zwar durch die Flugsicherung gemeldet wurde, die Piloten aber keine Angaben machen wollten oder nicht erreichbar waren. Andererseits sind Segelflugzeuge teilweise gar nicht oder nur als vereinzelte Primärziele auf den Radarbildern sichtbar und eine genaue Messung der Abstände zwischen ihnen und anderen Luftfahrzeugen ist dann unmöglich.
Auffällig ist, dass fast alle Fälle der Kategorie A in den Lufträumen E und G stattfanden. Das ist andererseits aber auch nicht verwunderlich, da VFR-Verkehr hier oft nicht kooperativ ist – also nicht in Kontakt mit der Flugsicherung steht und mit anderem Verkehr koordiniert wird.
Auch in der Kategorie B findet der überwiegende Teil der AIRPROX-Ereignisse in Luftraum E und G statt, wobei oft auch Luftraum D (CTR), also die Kontrollzonen kleinerer Flughäfen betroffen sind. Auch das kann man wieder aus der Beteiligung des VFR-Verkehrs an den AIRPROX herleiten.
Interessant ist die Verteilung der Meldungen. Normalerweise würde man sehr wenige A-Fälle, einige B-Bewertungen und viele C-Fälle erwarten. Nur sehr selten kommt es zu gefährlichen Annäherungen. Auf der anderen Seite passiert es sehr häufig, dass man sich mal etwas näher kommt, aber noch weit voneinander entfernt ist. Schauen wir uns die Verteilung der IFR-VFR-AIRPROX an, stimmt diese Rechnung auch in etwa.
Ganz anders verhält es sich aber, wenn man sich die VFR-VFR-AIRPROX ansieht, immerhin die Kategorie mit den meisten kritischen Beinahezusammenstößen.
Wenn die APEG also mal ein Bericht aus dem Bereich VFR-VFR erreicht, so ist dieser Vorfall in der Regel sehr kritisch und die Flugzeugbesatzungen sehen sich nur wenige Sekunden vor oder sogar erst nach der nächsten Annäherung. Erstaunlich ist aber, dass es nur einen C-Fall in dieser Verkehrskonstellation gibt – aus Sicht der VC ein eindeutiger Hinweis auf die ungenügende Meldekultur der allgemeinen Luftfahrt an die APEG. Dafür gibt es viele Gründe. Allerdings muss man feststellen, dass uns dadurch viele Erkenntnisse zu potenziellen Verbesserungen zur Erhöhung der Sicherheit verloren gehen.
Gerade die häufigen, für sich alleinstehend gefühlt unkritischen Ereignisse können dafür wertvolle Erkenntnisse liefern. Wenn man jetzt noch bedenkt, dass ein Teil der VFR-VFR-Meldungen von kommerziellen Betreibern wie den Luftrettungsdiensten stammt, muss man konstatieren, dass wir alle (also Piloten, Betreiber, Behörden) eigentlich keine Ahnung haben, wie hoch das Risiko im VFR-Flugbetrieb wirklich ist.
Die VC setzt sich zusammen mit anderen Luftfahrtverbänden und -institutionen dafür ein, dass in Zukunft alle Luftfahrzeuge mit geeigneten Kollisionswarngeräten nach dem „Sense and Avoid“-Prinzip ausgerüstet werden. Bis es so weit ist, schätzen wir das Risiko von Kollisionen als real und sehr hoch ein!1
Die BFU stellte in einer Studie für den Zeitraum 2010-2015 fest, dass es 15 Unfälle und 31 schwere Störungen in ihrem Ermittlungsbereich gab, die aus Kollisionen/AIRPROX resultierten. Dabei starben 19 Menschen und 17 wurden teils schwer verletzt! Der Großteil der Zwischenfälle ereignete sich dabei im VFR-IFR-Mischverkehr, der größtenteils im Luftraum E stattfindet. Bei allen Unfällen und schweren Störungen hatte das Prinzip „See and avoid“ versagt.2
Für uns alle kann daher nur gelten, im Luftraum E und G defensiv und aufmerksam zu fliegen, egal ob im Hubschrauber, Business-Jet oder Airliner! Und sollte es doch mal zu einer Annäherung mit einem anderen Luftfahrzeug kommen, dann meldet diese an Euren Betreiber (diese sind in der Regel für das Thema sensibilisiert und leiten Meldungen an die APEG weiter) oder einfach direkt an die APEG.
1 „Flugsicherheitskonzept SafeSKY 2021,“ Vereinigung Cockpit e. V., 2021.
2 A. Rokohl, C. Blanke und J. Eisenreich, „Studie über Annäherungen und Kollisionen von Luftfahrzeugen im deutschen Luftraum 2010 - 2015,“ Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung, Braunschweig, 2017.
Jetzt einen AIRPROX melden oder das AIRPROX-Magazin mit Empfehlungen zum sicheren Fliegen und weiteren Berichten von Annäherungen herunterladen unter
https://www.baf.bund.de/DE/Themen/Flugsicherungsorga/Meldesystem/Meldesystem_node.html