Peer Support Programme

Peer Support Programme

Gerade in der heutigen, schnelllebigen und beruflich sowie sozial äußerst herausfordernden Zeit, können schon aus normalen Herausforderungen des Lebens Probleme erwachsen, welche die geistige, körperliche und damit – im Falle von Piloten – automatisch auch die berufliche Leistungsfähigkeit stark einschränken können. Beispielhaft, aber bei Weitem nicht abschließend, seien hier familiäre Probleme – wie Tod oder Verlust eines nahestehenden Menschen, fehlende Rückzugs- oder Regenerationsmöglichkeiten, Suchtprobleme oder auch langfristig fehlende Entwicklungsperspektiven – genannt.

Was sind Peer Support Programme (PSP)?

Piloten und Crewmitglieder helfen in Zusammenarbeit mit medizinischen und psychologischen Experten ihren Kollegen mit verschiedenen Problemen aus dem beruflichen und privatem Bereich umzugehen.
Die langjährige Erfahrung zeigt deutlich, dass es um ein vielfaches einfacher ist, sich (evtl. auch anonym) gegenüber einem Kollegen zu öffnen und um Hilfe zu bitten, als gegenüber einem Psychologen oder einem Vorgesetztem. Genau das macht Peer Support Programme um ein vielfaches effektiver als ein System, das lediglich auf Abschreckung und Strafe setzt.
Natürlich braucht ein PSP einen medizinischen Experten bzw. Psychologen, der den nötigen fachlichen Rahmen setzt und auch klare Grenzen zieht, in welchem Fall Unterstützung durch einen Peer nicht mehr ausreichend ist und ein Experte den Fall übernehmen muss. Dennoch ist der „Einstieg“ in die Hilfeleistung über einen Kollegen das entscheidende Element eines solchen Programmes.
Wird ein solches PSP in einer Airline völlig neu eingeführt, dauert es natürlich eine gewisse Zeit, bis sich das Programm das Vertrauen in der Kollegenschaft erworben hat.

Worum es geht

Um den oft auch nur aus temporärerer Überbelastung resultierenden Problemen zu begegnen, gibt es bereits eine breite und vorbildliche Palette an Unterstützungsprogrammen, die aber noch nicht für alle Piloten, die bei einer aus Deutschland operierenden Airline angestellt sind, zugänglich sind.
Es gibt die Möglichkeit, sich im Rahmen einer Kur der Deutschen Rentenversicherung alle vier Jahre für drei Wochen abseits allen Trubels und aller Verpflichtungen zu erholen. Der Zugang zu solchen Kuren ist jedoch mit gewissen Hürden verbunden, die Genehmigung wird nicht für alle Beschwerden gewährt. Hinzu kommt, dass dieselben Beschwerden zum Verlust der medizinischen Tauglichkeit führen können – ein kontraproduktiver Umstand, der schon häufig eingetreten ist. In Anbetracht dessen tritt noch stärker die Notwendigkeit für Unterstützungsprogramme zu Tage, denn die Probleme werden schließlich gerade durch den drohendem Verlust des Medicals und damit der Berufsfähigkeit nicht weniger, sondern schlagartig mehr und um einiges größer.
Zu solchen Unterstützungsprogramme zählen etwa CISM, AntiSkid, der Sozial- und Unterstützungsdienst einiger Airlines sowie die VC-Supportline oder der VC-Unterstützungsfonds für Mitglieder der Vereinigung Cockpit (VC), die bei einer Airline arbeiten, welche die o.g. Programme nicht selbst anbietet oder wenigstens unterstützt.

Forderungen der Vereinigung Cockpit

Das klare Ziel der VC ist es, diese Unterstützungsprogramme, die zu großen Teilen ehrenamtlich durchgeführt werden - also von Kollegen für Kollegen - und ausschließlich durch einen fachlich anerkannten und kompetenten Experten geleitet oder beraten werden, für alle Piloten, die aus Deutschland  fliegen, zu etablieren. Um solche Programme effektiv zu gestalten, muss dies in enger Zusammenarbeit zwischen den Airlines und der VC geschehen.
Das gegenseitige Vertrauen beider Partner, also von Airlines und VC, ist an dieser Stelle von herausragender Bedeutung, denn nur wenn die betroffenen Piloten Vertrauen zu einem solchen Programm haben und es auch als unabhängig wahrgenommen wird, kann es sein Potential voll entfalten, den betroffenen Kollegen zu helfen und sie in den Flugbetrieb zu reintegrieren.
Nachgewiesenermaßen sind Peer Support Programme um den Faktor 100 effektiver und ökonomischer als reine Drogen- und Alkohol-Test-Programme. Darüber hinaus, so betonen der Verband der Fliegerärzte wie auch der Verband der Luftfahrtpsychologen in Europa, haben unbehandelte Fälle das Potential, zu schwerwiegenden psychischen Problemen zu führen.
Obwohl es in Deutschland also eine Vielzahl an exzellenten Unterstützungsprogrammen gibt, konnte sich der Gesetzgeber nicht dazu durchringen, diese verpflichtend für alle in Deutschland operierenden Flugbetriebe vorzuschreiben. Die VC fordert, dass die EU-Kommission der vorbildlichen EASA Opinion in diesem Bereich folgt und den Zugang aller europäischen Piloten zu Peer Support Programmen in den EU-Regularien verpflichtend vorschreibt.

Die Programme im Einzelnen

CISM (Critical Incident Stress Management ), Stiftung Mayday: Unterstützung für Piloten, Crews und deren Familien nach fliegerisch kritischen Zwischenfällen sowie Unfällen, aber auch besonders herausfordernden Lebenssituationen. Der Erstkontakt erfolgt über eine 24/7-Telefonhotline, dann durch speziell trainierte „Peers“, also Kollegen, die sich ehrenamtlich engagieren und schließlich durch Psychologen bzw. medizinische Experten. Das Programm wird von der Mehrheit der deutschen Airlines finanziell getragen. Schirmherr ist Herr Tom Enders, CEO Airbus Group.

VC SupportLine: Getragen durch die VC, durchgeführt von der Stiftung Mayday. Für Alle VC-Mitglieder die bei Airlines angestellt sind, welche das CISM Netzwerk nicht unterstützen. Bietet auch Hilfe in allen o.g. Fällen an, speziell aber im Bereich Problem im Training / Retraining sowie familiäre Probleme.
Die VC SupportLine ist über eine 24/7 Telefonhotline zu erreichen, danach erfolgt Kontaktaufnahme durch einen Experten der Stiftung Mayday.

AntiSkid: Unterstützung von Piloten mit deutscher Lizenz bei Sucht- und psychischen Problemen. Antiskid besteht aus einer unabhängigen Gruppe von Piloten (fast) aller Flugbetriebe Deutschlands, die als Berater und Ansprechpartner bei allen Formen von Sucht- und psychischen Problemen zur Verfügung stehen. Unter qualifizierter fachlicher Anleitung arbeiten die Gruppenmitglieder mit externen Psychologen, Ärzten und Kliniken zusammen, um betroffenen Kollegen schnellstmöglich Hilfe zukommen zu lassen und den Weg zurück ins Cockpit zu ebnen. Eine Liste aller Berater, sowie weiterführende Informationen unter www.antiskid.info

VC Unterstützungsfonds: Ist eine Stiftung innerhalb der VC. Der Zweck der Stiftung ist die mildtätige und selbstlose Unterstützung der in Not geratenen ordentlichen und außerordentlichen Mitglieder, der Ehrenmitglieder und unmittelbaren Angehörigen und Hinterbliebenen dieser Mitglieder.

Psychosoziale Beratung: Einige Airlines in Deutschland bieten für alle Mitarbeiter Beratung und Unterstützung bei psychischen Problemen, Krisen, Ängsten, Erschöpfung, Belastungsreaktionen, Konflikten am Arbeitsplatz, finanziellen Schwierigkeiten sowie auch Themen aus dem privatem Lebensbereich an.