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Flight Safety

„Eine Drohne ist kein Vogel“

Verkehrspilot und Drohnenexperte Moritz Bürger von der Vereinigung Cockpit warnt vor gefährlichen Missverständnissen im Luftraum. Im Interview erklärt er, warum Drohnen bei Kollisionen deutlich mehr Schaden anrichten können, wieso Piloten sie kaum erkennen – und weshalb jede Drohnensichtung am Flughafen ernst genommen werden muss.

Immer wieder heißt es, dass eine Kollision mit einer Drohne nicht gefährlicher sei als ein Vogelschlag. Wie sehen Sie das?

Moritz Bürger:
Die Aussage, dass es keinen großen Unterschied mache, ob ein Vogel oder eine Drohne mit einem Flugzeug kollidiert, möchte ich ganz entschieden widersprechen. Zunächst muss festgehalten werden, dass sowohl Drohnen als auch Vögel nicht vereinheitlicht werden können. So macht es selbstverständlich einen großen Unterschied, ob ein Flugzeug mit einer Schwalbe, einem Vogelschwarm (wodurch ggf. beide Triebwerke betroffen sein könnten) oder einer Wildgans kollidiert. Genauso könnte eine „Drohne“ aus der Kategorie Spielzeug mit unter 500g kommen, ein professionelles Gerät mit bis zu 25kg sein oder gar ein Drohnentaxi. Es muss also unterschieden werden, worüber eigentlich gesprochen wird.

Typischer Weise wird man bei einem Vergleich von Drohne und Vogel von einem Gewicht von ca. 1–2 kg ausgehen, die zum Beispiel ein Greifvogel oder eine hochwertigere Kameradrohne haben. Diese unterscheiden sich aber maßgeblich in ihrer Struktur. Der Vogel besteht zu einem großen Anteil aus Flüssigkeiten (Blut, Wasser, etc.) und Gewebe. Die Drohne wiederum hat einen explosiven Akku und Rotoren aus gehärteten Materialien wie Titan. Studien1,2 haben bewiesen, dass sich eine Drohne bei einem Auf-/Einschlag deutlich weniger verformt. Ein Vogel wird zudem bei einem Einschlag in eine Flügelvorderkante nicht explodieren. Beim Akku der Drohne ist dies nicht ausgeschlossen.

Bei Drohnensichtungen kommt es oft zu Einschränkungen oder gar zur Einstellung des Flugbetriebs. Wie bewerten Sie das Vorgehen der Flugsicherung in solchen Fällen?

Moritz Bürger:
Es kommt auf den Einzelfall an. Zunächst muss erwähnt werden, dass die Flugsicherung in Koordination mit dem Flughafen bereits heute unterscheidet, wo eine Drohne gesichtet wurde. Davon abhängig wird entschieden, ob der Flugbetrieb unbeeinträchtigt fortgeführt werden kann (z. B. Sichtung querab der An- und Abflüge), teilweise eingeschränkt wird (z. B. nur eine von mehreren Pisten) oder An- und Abflüge gänzlich gestoppt werden müssen.

Die Problematik für Flugzeugbesatzungen besteht darin, dass typische Drohnen (oft Kameradrohnen unter 2 kg und kleiner als 30 cm Durchmesser) quasi nicht zu erkennen sind. Aufgrund der Annäherungsgeschwindigkeit werden solche Drohnen, wenn überhaupt, erst dann gesehen, wenn sie bereits am Cockpit vorbei rauschen. Ein Ausweichen ist somit fast ausgeschlossen. In Kombination mit wenig verlässlichen Informationen über Drohnentyp, -größe, die zuletzt bekannte Position und Flugrichtung, wäre es weitestgehend Zufall, ob die Crew diese Drohne trifft oder nicht.

Die Empfehlung für Besatzungen lautet deswegen in jedem Fall, die Fluggeschwindigkeit und damit die kinetische Energie bei einem möglichen Aufprall zu reduzieren. Insgesamt würde ich deshalb eine Verschiebung der Verantwortung auf die Crews als eher kritisch sehen.


1    https://www.gov.uk/government/publications/drones-and-manned-aircraft-collisions-test-results 
2   arc.osu.edu/news/2018/02/study-finds-drones-more-damaging-bird-strikes