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Gastbeitrag

Fliegen mit HIV

Die Vereinigung Cockpit hat zum Weltaids-Tag am 01. Dezember 2024 ihre Position zum Thema „Fliegen mit HIV“ veröffentlicht. Die Deutsche Aidshilfe (DAH) hat hierzu einen Artikel geschrieben, den wir an dieser Stelle abdrucken dürfen und mit Euch teilen möchten.

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Der Berufsverband Vereinigung Cockpit (VC) setzt sich für ein Ende der beruflichen Einschränkungen für Piloten und Pilotinnen mit HIV ein.

Dank moderner HIV-Therapien können Menschen mit Fliegen mit HIV: Der Berufsverband Vereinigung Cockpit setzt sich für ein Ende der beruflichen Einschränkungen für Pilot und Pilotinnen mit HIV ein.

Pilotinnen und Piloten mit HIV gelten grundsätzlich als fluguntauglich. Ihr Berufsverband fordert nun die Abschaffung dieser überholten und diskriminierenden Vorschriften.

Dank moderner HIV-Therapien können Menschen mit HIV heute in der Regel jeden Beruf ausüben und sind ebenso leistungsfähig wie ihre Kolleginnen. Dennoch wird diese Realität im Berufsalltag des Cockpitpersonals nicht vollständig anerkannt: Die derzeitigen Richtlinien stufen Pilot und Pilotinnen nach einer HIV-Diagnose pauschal als fluguntauglich ein – unabhängig von ihrem tatsächlichen Gesundheitszustand. Infolgedessen dürfen sie entweder kein Flugzeug mehr steuern oder erhalten nach einem aufwendigen Verfahren lediglich ein stark eingeschränktes Flugtauglichkeitszeugnis. Für Berufseinsteigerinnen mit HIV bleibt der Weg zu einer Karriere im Cockpit sogar vollständig versperrt.

Die Arbeitsgruppe „Diversity & Social“ der Vereinigung Cockpit e.V. hat anlässlich des Welt-Aids-Tages das Positionspapier „Fliegen mit HIV“ erarbeitet, um die Abschaffung dieser veralteten Auflagen voranzutreiben. Die seit 2008 nahezu unveränderten medizinischen Regelungen für Pilotinnen und Piloten mit HIV, die EU-weit gültig sind, entsprechen nicht dem aktuellen Stand der Wissenschaft. Eine pauschale Unterstellung der Beeinträchtigung der Flugtauglichkeit allein aufgrund des HIV-Status durch die lizenzausstellende Behörde würde zudem einen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) darstellen.

Die Vereinigung Cockpit setzt sich für eine Änderung der EU-Verordnung ein, die den medizinischen Regularien zugrunde liegt. Ein erster Impuls dazu kam bereits 2018 aus England. In der Folge initiierte die Europäische Agentur für Flugsicherheit eine Literaturrecherche zur Flugtauglichkeit von Pilot Pilotinnen mit HIV, die jedoch keine klaren Ergebnisse lieferte. Obwohl 2022 Forschungsgelder für eine notwendige Folgestudie bereitgestellt und ausgeschrieben wurden, blieben diese bedauerlicherweise ungenutzt. Seither scheint das Interesse der europäischen Akteure an diesem Thema merklich nachgelassen zu haben.

„Wir wollen erreichen, dass diese Gelder für die notwendige Folgestudie nochmals ausgeschrieben werden“, erklärt Tobias Hinsch, Leiter AG Diversity & Social der Vereinigung Cockpit. „Auf der AIDS2024, der Welt-Aids-Konferenz in München, konnten wir mit mehreren Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen ins Gespräch kommen, die großes Interesse daran haben, eine Studie zur medizinischen Flugtauglichkeit von Piloten mit HIV durchzuführen“, berichtet Tobias Hinsch. Gemeinsam mit dem europäischen Dachverband der Pilotinnengewerkschaften (ECA) plant die Vereinigung Cockpit, den Dialog mit der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA) aufzunehmen. Ein erster Schritt könnte jedoch bereits auf nationaler Ebene erfolgen: Deutschland hätte die Möglichkeit, eine Abweichung von den europäischen Vorgaben anzumelden, um so bereits jetzt Verbesserungen für Cockpitpersonal mit HIV umzusetzen – ohne dass ein gesetzgeberisches Verfahren auf EU-Ebene erforderlich wäre.

„Es ist an der Zeit, dass sich auch die Fliegerei der Lebenswirklichkeit von HIV annähert und eine der letzten professionellen Barrieren fällt. Der Zugang zum Cockpit muss Menschen, die mit HIV leben, möglich werden. Die Vereinigung Cockpit setzt sich für eine Aktualisierung der entsprechenden medizinischen Regularien ein. Für diskriminierungsfreie Cockpits und Fliegen ohne Stigmata“, so Vivianne Rehaag, Vorständin der Vereinigung Cockpit e.V..

„Der HIV-Status ist irrelevant für die Arbeitsfähigkeit. Die Frage hiernach darf bei betriebsmedizinischen Einstellungsuntersuchungen nicht gestellt werden“, heißt es weiter in dem Papier der Vereinigung Cockpit. Zudem müsse die nachträgliche Offenlegung des HIV-Status bei der fliegerärztlichen Untersuchung als Beitrag zur Flugsicherheit gewertet werden und deshalb sanktionsfrei möglich sein.

Um unnötige Ängste und Vorurteile abzubauen und Stigmatisierung entgegenzuwirken, sollten die Fluggesellschaften ihre Personalabteilungen über das Thema HIV informieren und z.B. Gesundheitsprogramme sowie Erste-Hilfe-Schulungen nutzen, um alle Beschäftige über HIV aufzuklären und Unterstützungsangebote aufzeigen.

Die Vereinigung Cockpit spricht sich dafür aus, dass eine HIV-Infektion nicht länger ein Ausschlusskriterium für den Abschluss von Fluguntauglichkeitsversicherungen ist. Zudem sollte die Präexpositionsprophylaxe (PrEP) in den Katalog der für Pilotinnen zugelassenen Medikamente aufgenommen werden. „In Einzelfällen führte selbst die Einnahme von PrEP dazu, dass Pilotinnen ihre Flugtauglichkeit verloren und diese erst nach Vorlage eines negativen HIV-Tests zurückerlangten.“

Die DAH unterstützt das Positionspapier von Cockpit e.V. „Es wird Zeit, dass der aktuelle Stand des medizinischen Wissens zu HIV sich auch in der Bewertung von beruflicher Tauglichkeit widerspiegelt“, erklärt Kerstin Mörsch von der DAH-Kontaktstelle zu HIV-bedingter Diskriminierung. „Menschen mit HIV sind nicht per se für bestimmte Berufe ungeeignet oder nur bedingt einsetzbar. Das gilt auch für Piloten und Pilotinnen.“

Das Positionspapier „Fliegen mit HIV“ ist auf der Webseite der Vereinigung Cockpit e.V. abrufbar:
https://www.vcockpit.de/flight-safety/policies-positionspapiere/