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Nach der Wiedererlangung des Rechts zur Luftfahrt nach dem Zweiten Weltkrieg gab es bereits Diskus-sionen zur akademischen Ausbildung von Flugzeugführern, die in der DDR zu einem Studium an der TU Dresden führten, in der Bundesrepublik jedoch schnell an Finanzierungsfragen scheiterten.
Das Thema wurde zum Ende der sechziger Jahre wieder aufgegriffen, als VC-Präsident Hans Dieter Gades die Forderung aufstellte, für angehende Piloten ein spezielles Studium einzurichten und dabei von Prof. Dr. Gerhard Faber von der TU Darmstadt, dem Gründer des Forschungsnetzwerk für Verkehrspilotenausbildung e.V. (FHP), unterstützt wurde. In zahlreichen Gesprächen zwischen Prof. Faber und dem VC-Vorstand, den Mitgliedern der VC-Arbeitsgruppen und besonders auch mit dem damaligen VC-Geschäftsführer Günther Schweser wurde die Idee konkretisiert. Alle VC-Präsidenten nach Gades hielten an der Forderung nach einem Pilotenstudium fest, dennoch dauerte es mehr als 20 Jahre, bis sich eine Gelegenheit ergab, das Thema in die Tat umzusetzen.
Leider waren die Gespräche mit Vertretern der größten deutschen Fluggesellschaft zum Aufbau einer Luftfahrtakademie mit Doppelqualifizierung (ATPL & Diplom-Ingenieur) nicht erfolgreich. Zu groß waren wohl die Bedenken, sich nach den Studentenprotesten der 1960er Jahre Unruhe in die wohlgeordnete Pilotenausbildung zu holen. Heute vermutet die VC, dass auch die Forschungsergebnisse des Soziologen Karl Martin Bolte zur Professionalisierung ein weiterer Grund für die Ablehnung waren. Bolte hatte festgestellt, dass nach Konzepten der Höherqualifizierung die Älteren, die diese Konzepte etabliert hatten, von den Jüngeren verdrängt werden könnten.
Obwohl die nachfolgenden VC-Präsidenten und -Vorstände die Gründung einer Luftfahrtakademie unterstützten, wurde die Idee erst in den frühen 90er Jahren wieder aufgegriffen. Auf Initiative von VC-Geschäftsführer Günther Schweser wurde eine Arbeitsgruppe „Hochschulausbildung“ gebildet, die überwiegend aus bei der VC organisierten Verkehrspiloten bestand. Unter der Federführung von Prof. Faber veröffentlichte sie im Oktober 1994 die Studie „Pilotenausbildung an Hochschulen“.
Gleichzeitig kam es Anfang der 1990er Jahre zu einer Zusammenarbeit zwischen Lufthansa Flight Training (LFT) und Arizona State University (ASU), die neben dem Flugbetrieb auch eine Kooperation in der Theorieausbildung anstrebte. Ernst Folz, zeitweiliger Fluglehrer an der ASU, nahm den Auftrag des ASU-Dekans des Bereiches Aeronautical Technology mit nach Bremen, dort eine Hochschule ausfindig zu machen, die Interesse am Aufbau eines von beiden Seiten anerkannten Studiengangs für Flugzeugführer hatte. Das nötige Interesse zeigte dann die Hochschule Bremen, welche einer Universität aufgrund der kürzeren Studiendauer und des stärkeren Praxisbezugs vorgezogen wurde.
Diese beiden Ereignisse führten letztendlich zu einer an der Verkehrsfliegerschule in Bremen einberufenen Konferenz für die Einrichtung des dualen und internationalen Studiengangs Luftfahrtsystemtechnik und -management (ILST).
Die erste Generation der Professoren ging bald in den Ruhestand und mit dem Nachfolger, Prof. Dr. Steckemetz, bekam der ILST einen Studiengangsleiter, der sich nicht nur sorgfältig um die Anliegen seiner Studierenden kümmerte, sondern auch den Studiengang weiterentwickelte. So konnten neben der LFT weitere Partnerschulen gewonnen werden, von denen die RWL Flight Academy und die HeliTransAir bis heute Kooperationspartner der Hochschule Bremen sind. Außerdem wurde der Abschluss notwendigerweise von Diplom auf Bachelor umgestellt, ein passender Masterstudiengang Aeronautical Management (MEAM) ins Leben gerufen sowie weitere luftfahrtspezifische Studienrichtungen im ILST etabliert. Die VC begleitete diese Entwicklungen kontinuierlich als Mitglied im halbjährlich tagenden ILST-Beirat.
Es war und ist der Grundgedanke des ILST, einen Studiengang mit Ingenieursabschluss anzubieten, der Theorieinhalte eines klassischen Ingenieurstudiums mit denen der Pilotenausbildung verbindet, Doppelungen vermeidet und die praktische fliegerische Ausbildung in das Studium einbezieht. Den Bedürfnissen der Praxis entsprechend wurden Fächer wie Psychologie, Betriebswirtschaftslehre und Management für Flugzeugführer aufgenommen. Nach einem dreisemestrigen Grundstudium kamen dann auch theoretische Themen der Flugschule dazu, wohingegen der praktische Teil der Ausbildung als Praxissemester anerkannt ist. ILST-Studierenden bietet sich bis heute auch die Möglichkeit, ein Semester an einer Partnerhochschule im Ausland zu absolvieren. Im Jahr 2006 zeichnete der Stifterverband der Deutschen Wirtschaft den ILST als Reformstudiengang aus. Mit den damit verbundenen Mitteln bauten Studierende einen B737-Simulator auf, der bis heute kontinuierlich den neuesten Entwicklungen angepasst und als Forschungssimulator eingesetzt wird.
Fast von Beginn an lag die Leitung der beiden Studiengänge bei Prof. Dr. Bernd Steckemetz, der sie im vergangenen Jahr aufgrund der nahenden Pensionierung abgegeben hat. An dieser Stelle sei ihm und auch den Protagonisten der Gründung für das Engagement noch einmal herzlich gedankt. Ob der ILST seine Erfolgsgeschichte weiterschreiben kann, hängt, wie in den vergangenen 25 Jahren, maßgeblich von seinen Kooperationspartnern ab. Die VC wird sich davon unabhängig weiterhin für eine Verbindung von Pilotenausbildung und Hochschulstudium einsetzen, da in unruhigen Zeiten wie diesen ein zusätzlicher Abschluss ein Stück Sicherheit bedeutet. Bis heute haben fast 1000 Studierende den ILST und etwa 100 den MEAM absolviert.