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Flight Safety

Psychisch stark im Cockpit

Anlässlich der Aktionswoche der seelischen Gesundheit unterstützt die Vereinigung Cockpit e.V. (VC) die Sensibilisierung für mentale Gesundheit – insbesondere mit Blick auf die besondere Verantwortung von Cockpitbesatzungen.

Psychisch stark zu sein bedeutet nicht, keine Probleme zu haben, sondern mit Herausforderungen und Rückschlägen umgehen zu können – und sich davon zu erholen. Mentale Stärke ist im Cockpitalltag genauso wichtig wie technische Kompetenz. Peer-Support-Programme sind dabei ein zentraler Bestandteil der Sicherheitskultur in der Luftfahrt. Wenn die Belastung zu stark wird, erhalten Betroffene hier schnell und unkompliziert Unterstützung, um die persönliche Resilienz wiederzuerlangen, zu stärken und beizubehalten.

Darüber hinaus hat die Arbeitsgruppe Diversity and Social eine Reihe hilfreicher Tipps für eine ausgewogene mentale Gesundheit im Cockpit zusammengestellt – sowie Ansprechpartner, an die man sich wenden kann, wenn die eigene Stärke einmal nicht ausreicht.

  • Gesunde Ernährung spielt sowohl für das körperliche als auch das geistige Wohlbefinden eine große Rolle
    Eine ausgewogene Ernährung schützt vor Krankheiten, erhöht die Leistungsfähigkeit und reduziert mögliche Gesundheitsrisiken. Leider ist das im Alltag oft schwer umzusetzen: knappe Turnarounds, lange Dienstketten, Zeitverschiebung und schlechte Versorgungslage werden zur Herausforderung.
  • Psychologische Sicherheit im Team
    Psychologische Sicherheit innerhalb der Crew ist entscheidend für die Leistungsfähigkeit des Einzelnen und des gesamten Teams. Nur wenn sich jede Person sicher fühlt, können alle ihr volles Potenzial einbringen.
    Offene Kommunikation und gegenseitiger Respekt sind hierfür wichtige Grundlagen
  • Work-Life-Balance und die eigenen Grenzen kennen
    Eine gesunde Balance zwischen Berufs- und Privatleben lässt sich im fliegerischen Alltag nicht immer einfach darstellen. Umso wichtiger ist es, die eigenen Grenzen zu kennen und bei Bedarf auch entsprechend zu handeln. Balance sichert die notwendige Kapazität, um auf herausfordernde Situationen angemessen reagieren zu können.
    Dienste von bis zu 16 Stunden, oft ohne geregelte Pausen oder Bewegungsmöglichkeiten, erfordern ein hohes Maß an Selbstverantwortung und auch den bewussten Ausgleich zum Beruf.
  • Den Fokus auf das Lenkbare richten
    Nicht alles liegt in der eigenen Hand. Viele Faktoren – wie Einsatzpläne, externe Entwicklungen oder operative Rahmenbedingungen – entziehen sich dem direkten Einfluss. Umso wichtiger ist es, sich auf die eigenen Stärken zu verlassen und den Blick auf das zu richten, was beeinflussbar ist.
     

Zur Unterstützung bei der Selbsteinschätzung stehen zwei einfache Tools zur Verfügung:
Beides sind Tools, die die Air Line Pilots Association (ALPA) ihren Mitgliedern an die Hand gibt – und die auch euch helfen können, die eigene Fitness vor dem Flug einzuschätzen.

I’M SAFE
Die Checkliste hilft dabei, die körperliche und mentale Leistungsfähigkeit zu beurteilen.

  • Illness → Bin ich gesund? Beeinträchtigen Krankheitssymptome oder Allergien meine Flugtauglichkeit?
  • Medication → Nehme ich Medikamente, die mich müde machen oder meine Leistung einschränken könnten?
  • Stress → Stehe ich unter Druck durch private oder berufliche Probleme, die meine Konzentration beeinträchtigen?
  • Alcohol → Habe ich Alkohol konsumiert? Wurden die vorgeschriebenen Zeiten eingehalten?
  • Fatigue → Bin ich ausgeruht? Habe ich ausreichend und erholsam geschlafen?
  • Emotion → Bin ich emotional stabil? Habe ich ausreichend gegessen und getrunken?

Stress-Kontinuum-Modell: Are you in the green?
Das zugrunde liegende Modell stammt von den US Marines: Mentale Gesundheit wird dabei als Spektrum verstanden. 
Dabei steht Grün für gesund mit einem seelischen Wohlbefinden. Der Körper kann eine stabile Leistung abrufen, man ist körperlich und sozial aktiv und fühlt sich wohl im Umgang mit anderen. Gelb steht für einen gewöhnlichen, umkehrbaren Stresszustand. Man wird reizbarer, nervöser, vergesslicher. Häufig wird der Zustand von Schwierigkeiten beim Einschlafen begleitet, und die soziale Aktivität ist verringert. Orange steht für eine deutliche funktionelle Beeinträchtigung mit anhaltender Traurigkeit, Angst und einer verringerten Leistung im Beruf, deutlichen Schlafproblemen und einem sozialen Rückzug. In der akuten roten Phase liegt eine schwere klinische Störung vor – mit schweren und anhaltenden Beeinträchtigungen. Damit einher gehen erhebliche emotionale Schwierigkeiten, Panikattacken, ständige Überforderung und Erschöpfung sowie auch Suizidgedanken.
 


Zum Fliegen sollte man im grünen Bereich (und mit Einschränkungen im gelben) sein.
Es handelt sich also um eine ergänzende Checkfrage, die die mentale Fitness stärker in den Fokus rückt. Durch die festgelegten Zonen schafft es einen gemeinsamen Sprachgebrauch, der es erleichtert, Stresslevel und Notfälle deutlich zu kommunizieren. 

→ Mentale Gesundheit ist kein “Nice-to-have”, sondern integraler Bestandteil professioneller Arbeit im Cockpit
 

Support-Angebote:
Neben Support-Angeboten der Airlines (psychosoziale Dienste, Vertrauensteams, etc.) gibt es noch andere Kontaktmöglichkeiten

  • VC-Supportline
    Medizinische und psychologische Experten bieten Unterstützung, bevor Belastungen zum Problem werden – Mitglieder finden die Nummer auf Webseite
  • Stiftung Mayday
    Die Stiftung Mayday unterhält ein weltweit arbeitendes Betreuungsnetz und wird dabei von erfahrenen und speziell geschulten Pilotinnen und Piloten, aber auch von anderen Besatzungsmitgliedern und Psychologen unterstützt.
     

Mehr Informationen zur Aktionswoche: seelischegesundheit.net