Wie und von wem sollen Drohnen und ihr Betrieb künftig reguliert werden? Vor dem Hintergrund der stetig steigenden Anzahl von Drohnen in allen Kategorien und der verschiedenen bereits bestehenden Regulierungen nahm sich der Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestages im April dieser Frage an. In öffentlicher Anhörung beschäftigte er sich mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung "zur Anpassung nationaler Regelungen an die Durchführungsverordnung (EU) 2019 / 947 der Kommission vom 24. Mai 2019 über die Vorschriften und Verfahren für den Betrieb unbemannter Luftfahrzeuge".
Die EU-Durchführungsverordnung trifft Regelungen zur unbemannten Luftfahrt, die vor allem einen einheitlichen und sicheren Betrieb unbemannter Fluggeräte sicherstellen sollen. Mit dem Gesetzentwurf sollen nationale Regelungen im Luftverkehrsgesetz, in der Luftverkehrs-Ordnung und in weiteren Gesetzen und Verordnungen geändert werden. Für uns Piloten ist hier wichtig zu wissen, dass mit der Anwendung der Durchführungsverordnung einer der Schritte zur Einführung von UAS im Regelbetrieb gemacht wird.
Als Leiter der Arbeitsgruppe Air Traffic Service (AG ATS) war ich als Experte in den Verkehrsausschuss des Bundestages geladen und stand den Fragen der Abgeordneten in mehreren Runden Rede und Antwort, um auf die technischen Hintergründe und Nachbesserungsbedarfe des Gesetzentwurfes aus Sicht von uns Verkehrspiloten einzugehen.
Deutsche Regulierung nicht auf der Höhe der Zeit
Um es direkt zu sagen: Während auf der EU-Ebene durchaus eine Vision erkennbar ist, wie Drohnen in einem Gesamtumfeld eingesetzt werden können, verharrt der Gesetzentwurf der Bundesregierung auf einem veralteten Wissensstand, ohne die absehbaren zukünftigen Entwicklungen zu ermöglichen. Darüber hinaus sind wir auch in Bezug auf die Implementierung in Deutschland zeitlich in Verzug, eigentlich müssten wir uns längst mit den neuen Verordnungen befassen, z.B. zum U-Space.
Kompetenzen für Bund oder Länder?
Ein Hauptinhalt der Diskussion im Verkehrsausschuss war die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern für Genehmigungen von Drohnenflügen. Aus meiner Sicht wäre die Bündelung des Fachwissens und der Kompetenzen bei einer Bundesbehörde ein sinnvollerer Weg, als 16-mal entsprechendes Know-how bei den Ländern aufzubauen.
Insbesondere braucht es für die Risikoanalyse für Flüge von Drohnen der Kategorie "Speziell" ein sehr tiefes Wissen des komplizierten Prozesses und der vielen Faktoren, die berücksichtigt werden müssen. Man kann sicherlich argumentieren, die Landesbehörden wüssten besser über die "Bedürfnisse" ihrer Bürger Bescheid. Bei einer reinen Sicherheitsbetrachtung sollten hingegen in ganz Deutschland gleiche Standards gelten und kein Wettbewerb stattfinden, wo Drohnenbetreiber am einfachsten eine Genehmigung bekommen können.
Gegen den Rat der meisten geladenen Experten konnten sich bei der Frage der Regulierungskompetenz schließlich die Länder durchsetzen: Künftig werden wohl alle Drohnenflüge unter 25kg durch die Landesluftfahrtbehörden genehmigt werden.
Vorteile sind hier nur für die Landesbehörden, nicht aber für den Luftverkehr erkennbar.
Deutscher Gesetzentwurf will eher verbieten als ermöglichen
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung war ursprünglich stark an Verbots- anstelle von Ermöglichungsszenarien für den Drohnenbetrieb ausgerichtet. Diese Herangehensweise war nicht zielführend, da der Sinn der VO (EU) 2019/947 ja eigentlich die Ermöglichung eines sicheren Drohnenbetriebs ist, auch wenn davon natürlich das Recht jedes Staates unberührt bleibt, den Zugang von Drohnen zu seinem Luftraum zu regulieren. Nach einigen Anpassungen im politischen Prozess ist die Ausrichtung an Verboten glücklicherweise deutlich abgeschwächt wurden. Statt mehr oder weniger weitgehender Verbotsszenarien sollte aber auch ganz grundsätzlich eine Auslagerung der Bestimmungen aus der LuftVO in einen externen "Luftraumkriterienkatalog" erwogen werden, in dem dann die jeweiligen Details geregelt werden sollten.
EU geht anderen Weg als Deutschland
Mit dem teilweisen Fokus auf Verbotsszenarien konterkariert der Gesetzentwurf der Bundesregierung zumindest in Teilen den Sinn der EU-Durchführungsverordnung, und zwar beim Thema U-Space. Hier besteht noch dringender Anpassungsbedarf an die realen Bedürfnisse.
Hintergrund: Die EU sieht so genannte UAS-Gebiete vor. Nur in diesen Gebieten darf ein U-Space eingerichtet werden (also eine Art Flugsicherung für Drohnen). Der deutsche Gesetzentwurf sieht nun wiederum sogenannte Verbotszonen vor. Diese werden in der Form von den in der EU-Verordnung erwähnten geografischen UAS-Gebieten definiert. Das kann dazu führen, dass Drohnen nicht in die geografischen UAS-Gebiete einfliegen dürfen. Wenn sie dort aber nicht einfliegen dürfen, können sie natürlich auch nicht den U-Space nutzen, was dessen Sinn ad absurdum führt.
Vor dem Ausschuss habe ich mich deshalb gegen diese Verbotszonen ausgesprochen und für eine alternative Vorgehensweise eingesetzt: Eine möglichst große Ausschreibung von geografischen UAS-Gebieten, möglicherweise über ganz Deutschland, könnte einen sinnvollen Business Case für die Anbieter von Diensten im U-Space ermöglichen, die Sicherheit für alle Luftraumnutzer erhöhen und kritische Gebiete könnten dann immer noch anhand des oben erwähnten "Luftraumkriterienkatalogs" eingeschränkt werden.
Streitpunkt soziale Akzeptanz
Herrschte bei den vorherigen Punkten weitgehend Einigkeit unter den geladenen Experten, so gab es beim Thema soziale Akzeptanz durchaus unterschiedliche Ansichten. Nach Angaben des Vertreters des Projekts SkyLimits, lehnt ein Großteil der Bevölkerung momentan einen breiten Einsatz von Drohnen ab. Lediglich bei gemeinnützigen Anwendungen wie dem Versand von dringenden Medikamenten gibt es ihm zufolge Zustimmung.
Meiner Ansicht nach wurde in Deutschland bisher weder politisch noch gesellschaftlich ein ausreichender Dialog zum zukünftigen Einsatz von Drohnen geführt. Wir wissen also gar nicht, was die Menschen wollen und diese wissen wiederum nicht, was sie erwartet. Daher lautete meine Empfehlung Richtung Verkehrsausschuss, einen gesellschaftlichen Dialog zum Thema Drohnen anzustoßen. Denn wenn ein regelmäßiger und häufiger Betrieb von Lieferdrohnen und Flugtaxis erst einmal gestartet ist, ohne dass er vorher in einer öffentlichen Debatte eingehend behandelt wurde, wären viele negative Reaktionen von Verwunderung bis hin zu offener Ablehnung denkbar.
Blick nach vorn
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung enthält viele Punkte, die aus Sicht der VC kritisch zu beurteilen sind, was ich dem Bundestags-Verkehrsausschuss ausführlich darlegen konnte. Insgesamt muss festgehalten werden, dass der Gesetzgeber beim Thema Drohnen deutlich an Tempo zulegen muss, wenn er auf der Höhe der Zeit bleiben will. Die technischen und wirtschaftlichen Entwicklungen lassen sich letztlich weder verlangsamen noch aufhalten, deshalb müssen sie von vornherein aktiv mitgestaltet werden. Dabei darf das System eben nicht - wie bisher - auf veralteten Annahmen beruhen, sondern muss die zukünftigen Regeln bereits mit bedenken.
Für uns als bemannte Luftfahrer ist dies übrigens ein entscheidender Punkt: Nur wenn die unbemannte Luftfahrt so sicher fliegt wie wir, können wir sicherstellen, auch in Zukunft selbst noch sicher fliegen zu können! Wir sehen Drohnen dabei nicht als Bedrohung oder Feind, sondern als Verkehrsteilnehmer im selben Luftraum. Diese neuen Luftraumnutzer müssen wir sicher integrieren.
Weitere Informationen
- Link zur Stellungnahme von Felix Gottwald auf der Website des Bundestages
- Link zur Anhörung
- Link zum Gesetzesentwurf