Die ICAO in Montreal. Die VC hat durch jahrelange internationale Zusammenarbeit und technische Expertise einen wichtigen Erfolg für hohe Ausbildungsstandards erzielt / Quelle: Wikipedia

Flight Safety

VC verhindert Absenkung von Ausbildungsstandards bei ICAO

Erfolg auf internationaler Bühne

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Die Vereinigung Cockpit (VC) hat gemeinsam mit ihrem Dachverband IFALPA einen wichtigen Erfolg auf internationaler Ebene erzielt: Ein Vorstoß zur Lockerung der international gültigen Ausbildungsstandards für Berufspilotinnen und -piloten im Rahmen der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) konnte vorerst gestoppt werden.

Was war geplant?

Innerhalb des „Pilot Training and Licensing Panel“ (PTLP) der ICAO, genauer gesagt in der Arbeitsgruppe WG2, wurde in den letzten Monaten ein weitreichender Änderungsantrag, ein sog. Proposal for Amendment (PfA), diskutiert. Ziel war es, die bislang verbindlichen Mindestanforderungen an reale Flugstunden für die Lizenzen von Berufspiloten (CPL) und Multi-Crew-Piloten (MPL) signifikant zu senken. Stattdessen sollten künftig in sogenannten CBTA-konformen Ausbildungsorganisationen (Competency-Based Training and Assessment) vermehrt Flugsimulatorstunden angerechnet werden dürfen.

Dabei ging es jedoch nicht nur darum, reale Flugstunden durch Simulatorstunden zu ersetzen. Vielmehr verfolgte die Industrie das Ziel, weitgehende Freiheit in der Ausgestaltung von Inhalt und Umfang der Ausbildung zu erlangen – jeweils auf Basis der eigenen Einschätzung, was als „ausreichend“ gilt. Mit Zustimmung der zuständigen nationalen Behörden hätten Flugschulen weltweit Lizenzen ausstellen können, die formal zwar global anwendbar gewesen wären, aber de facto keinen gemeinsamen Standard – nicht einmal hinsichtlich des Ausbildungsumfangs – mehr aufgewiesen hätten. Die gegenseitige Anerkennung von Lizenzen zwischen Staaten, die bereits heute für uns Piloten problematisch ist, wäre dadurch weiter erschwert worden. 

Zudem sollte diese tiefgreifenden Neuregelung nicht für die Pilotenausbildung gelten, sondern auch auf andere sicherheitsrelevante Berufsgruppen wie Fluglotsen, Techniker und Flight Dispatcher ausgeweitet werden.

Befürworter dieser Änderung – insbesondere Vertreter der internationalen Luftverkehrswirtschaft wie IATA und Industrievertreter der ICCAIA sowie Vertreter von FTOs (Flight Training Organisations) und ATOs ( Flight & Airline Training Organisations ) – argumentierten, dass moderne, datenbasierte Trainingssysteme mit gut ausgebildeten Instruktoren ein hohes Ausbildungsniveau auch bei reduzierter Flugpraxis im echten Flugzeug gewährleisten könnten.

Die VC bezog von Anfang an klar Stellung gegen diesen Vorschlag. In intensiven Gremienarbeiten warnte sie eindringlich vor den sicherheitspolitischen Risiken einer solchen Aushöhlung. Die reale Flugerfahrung, insbesondere in komplexen oder unvorhersehbaren Situationen, sei durch Simulatortraining nicht vollständig zu ersetzen.

Zudem kritisierte die VC, dass die geplante Neuregelung zu einem internationalen Flickenteppich bei den Ausbildungsstandards führen würde, da einzelnen Staaten und Organisationen zu viel Interpretationsspielraum eingeräumt worden wäre.

Internationale Allianz für Flugsicherheit

In den letzten Sitzungen der Arbeitsgruppe im Mai 2025 in Gatwick eskalierte der Konflikt. Vertreterinnen und Vertreter der VC traten gemeinsam mit Delegationen aus den USA, Kanada, Brasilien, Großbritannien und Irland entschieden für den Erhalt hoher Standards ein. Unterstützt wurden sie dabei vom Vorsitzenden der Arbeitsgruppe, der die geplanten Änderungen deutlich als widersprüchlich zum ICAO-Mandat bewertete.

Das Ergebnis: Der Änderungsantrag wurde nicht verabschiedet. Ein regulatorischer Vorteil für CBTA-ATOs wurde von der Mehrheit der Beteiligten abgelehnt. Stattdessen sollen zunächst weitere Analysen und Bewertungen erfolgen.

Für die VC ist dieser Ausgang ein wichtiger Meilenstein. Er verdeutlicht, dass sicherheitspolitische Argumente auch gegenüber wirtschaftlich motivierten Interessen durchsetzbar sind – vorausgesetzt, sie werden kompetent, koordiniert und hartnäckig vertreten.

Dieser Erfolg ist das Ergebnis jahrelanger internationaler Zusammenarbeit und technischer Expertise. Ohne die kontinuierliche fachliche Präsenz in Panels wie dem FLT OPS sowie in der ICAO Air Navigation Comission und sogar im ICAO Council wie auch die intensive und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit IFALPA wäre ein solcher Etappensieg nicht möglich gewesen.

Die VC investiert seit Jahren erhebliche personelle und fachliche Ressourcen in die Weiterentwicklung und Sicherung der Flugsicherheit. Diese Investitionen sind nicht nur wichtig, sondern absolut notwendig. Als unabhängige, fachlich fundierte Instanz fungiert die VC als zentrales Korrektiv im internationalen Luftverkehrssystem.

Auch wenn der aktuelle Stand ein klares Zeichen für die Integrität der Pilotenausbildung setzt, ist das Thema noch nicht abgeschlossen. Die Diskussion über zukünftige Ausbildungsmodelle wird weitergehen – mit unverminderter Wachsamkeit der VC. Für den Verband bleibt klar: Flugsicherheit darf nicht verhandelbar sein.