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Sehr geehrter Herr Vorsitzender,
sehr geehrte Damen und Herren.
Ich möchte mich zunächst bei Ihnen, Hr. Dr. Mayntz, für die Einladung hier in die Bundespressekonferenz bedanken.
Meine Worte an sie alle werde ich direkt mit einer Frage beginnen:
Was ist das höchste Recht, das ein Passagier hat, wenn er sich ein Flugticket kauft?
Ist es das Recht, an den Flughafen geflogen zu werden, der als Ziel auf dem Ticket steht, dort pünktlich anzukommen, das Recht auf freundlichen Service an Bord oder auf gutes Essen?
Ich sage Ihnen, das höchste Recht, dass ein Passagier mit dem Kauf seines Tickets erwirbt, ist das Recht auf einen sicheren Flug.
Und eben dieses fundamentale Recht auf einen sicheren Flug ist durch die Neuregelung der Flugdienstzeiten akut gefährdet.
Heute Morgen hat die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) ihre Empfehlung für diese Neuregelung in Brüssel vorgestellt. Wesentliche Erkenntnisse der Wissenschaft im Interesse der Flugsicherheit sind darin nicht berücksichtigt.
Wie konnte es dazu kommen?
Die EASA erhielt von der europäischen Kommission 2008 den Auftrag, Flugdienstzeitregelungen auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse zu entwerfen. So wie es im Übrigen auch die internationale zivile Luftfahrtorganisation (ICAO) vorschreibt.
Da die EASA, auch nach eigenen Aussagen, nicht über den nötigen Sachverstand verfügt, hat sie zehn renommierte europäische Wissenschaftler mit einer entsprechenden Studie beauftragt. Mit dem Ergebnis, dem sogenannten Moebus-Report, geben diese Wissenschaftler eindeutige Empfehlungen, welche Grenzen anzuwenden sind, um die Flugsicherheit in Europa zu garantieren.
Zum ersten Entwurf der EASA gab es knapp 50.000 Kommentare. Das ist eine einmalig hohe Zahl in der Geschichte der EASA. Ja, einige dieser Kommentare wurden von der EASA auch eingearbeitet. Nämlich jene der mächtigen Airlinelobbyisten, deren primäres Ziel es ist, die Flugbesatzungen möglichst flexibel einsetzen zu können, notfalls auch bis zur vollständigen Erschöpfung.
Der Vorschlag der EASA, der seit heute Morgen auf dem Tisch liegt, stellt eine Gefahr für die Flugsicherheit dar.
Ich möchte ihnen ein paar Beispiele geben:
Die Wissenschaftler empfehlen, die Flugdienstzeit nachts auf 10 Stunden zu begrenzen, da längere Schichten zu gefährlicher Übermüdung führen.
Die EASA hingegen will ohne Begründung regelmäßig 11 Stunden zulassen, die teilweise auf 12 Stunden verlängert werden können, in Ausnahmefällen sogar bis auf 13 Stunden.
In den USA hat erst ein Unfall mit 50 Toten, der die Übermüdung der Piloten zur Ursache hatte, zu einem Umdenken geführt. Hier wurde die nächtliche Flugdienstzeit zu Beginn des Jahres auf neun Stunden beschränkt.
Schon derzeit sind im europäischen Kurz- und Mittelstreckenbereich Einsatzzeiten von bis zu 14 Stunden normal und gesetzlich zulässig. Dies bedeutet, dass Piloten zum Zeitpunkt der letzten Landung im Schnitt bereits 16 bis 18 Stunden wach sind.
Dies ist, da sind sich die Wissenschaftler einig, nicht sicher!
Am Ende einer solchen Dienstzeit steht das Manöver an, bei dem Piloten ihre volle Konzentration und Leistungsfähigkeit benötigen: die Landung. Und ich rede hier nicht nur von Landungen bei schönstem Wetter. Landungen im Nebel, im Schneetreiben oder während Herbststürmen lassen keinen Spielraum für Ermüdung.
Und denken Sie an die geglückte Notlandung eines Airbus A320 auf dem Hudson River in New York. Mit übermüdeten Piloten undenkbar.
Die EASA will aber noch ganz andere Konstellationen erlauben:
Stellen Sie sich vor, ein Pilot steht morgens um 04:30 Uhr auf, um seinen Bereitschafts-Dienst eine Stunde später zu beginnen. Er sitzt ab diesem Zeitpunkt quasi auf seinem gepackten Koffer, da er jederzeit binnen einer Stunde zum Start eines Fluges zur Verfügung stehen muss. Kurz nach Mittag wird er zum Einsatz gerufen und darf nun einen Flugdienst bis um 03:25 Uhr am nächsten Morgen antreten. Aufgrund einer Verspätung verzögert sich die letzte Landung sogar auf 04:25 Uhr.
4:30 bis 4:25 am nächsten Tag. Völlig legal und in den Augen der EASA auch bedenkenlos möglich.
Dieser Pilot soll also, nachdem er nahezu 24 Stunden ohne Schlaf auf den Beinen ist, sein Flugzeug mit seinen Passagieren bei jedem Wetter landen.
Möchten Sie in diesem Flugzeug sitzen?
Ich nicht. Weder als Pilot noch als Passagier, denn das hat mit Flugsicherheit nichts mehr zu tun!
Die europäische Agentur für Flugsicherheit verbeugt sich mit ihrer Empfehlung vor den Profitzielen der Fluggesellschaften. Den Begriff „Sicherheit“ können Sie damit getrost aus dem Namen der EASA streichen.
Es kann doch nicht sein, dass wir auch in Europa, genau wie in den USA, erst einen Unfall mit dem Verlust von Menschenleben brauchen, bevor die Sicherheit endlich einen größeren Stellenwert bekommt als der Profit.
Noch ist die Empfehlung der EASA nicht geltendes Recht. Hierfür müssen noch der Europäische Rat und das Europaparlament zustimmen. Wir fordern die deutsche Politik auf, diesem Wahnsinn ein Ende zu bereiten und sich auf europäischer Ebene vehement für Nachbesserungen am Vorschlag der EASA einzusetzen.
Hier können die von uns allen gewählten Vertreter beweisen, wie viel Ihnen die Sicherheit von Passagieren und Besatzungen wert ist oder ob auch sie die Flugsicherheit verschlafen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.